In einer goldenen Ära us-amerikanischer Diplomatie

Von den Verhandlungen in Alaska bleiben verheerende (die knienden US-Soldaten, die den roten Teppich vor Putins Flugzeug ausrollen), zwiespältige und irritierende Eindrücke zurück. 

Irritierend aber auch für Putin, als Trump während der Begrüßung auf dem Rollfeld einen B-2-Bomber und vier F35-Kampfjets über ihre Köpfe hinweg fliegen ließ. Oder der Moment, als Trump den notorisch um seine Sicherheit besorgten, paranoiden Ex-KGB-Offizier in seine Limousine einsteigen ließ. Die sichtbare Nervosität seiner Sicherheitsleute sprach dafür. Das Lächeln Putins aus dem Autofenster ließ sich auch als gequält interpretieren – ganz in den Händen der Amerikaner. 

Das gesamte Setting wirkte, als habe Trump den Russen schwer beeindrucken wollen, wenngleich auf reichlich chaotische Weise. Kaum denkbar, dass eine solche Zeremonie in einem autoritären Regime so hastig und hemdsärmelig organisiert worden wäre. Man stellt sich nun vor, wie Putin den US-Präsidenten in Russland empfangen und ihn in heikle Situationen bringen würde, womöglich mit einem spontanen Jagdausflug inklusive Eisbaden und Sauna in Sibirien. Kein Wunder, dass Trump auf Putins Einladung zögerlich antwortete.

In Anchorage arbeitete Putin mit den vorhersehbaren Schmeicheleien. Trump war sich nicht zu schade, sie öffentlich zu wiederholen: der angebliche Betrug durch Briefwahl bei der Präsidentschaftswahl 2020, der russische Einfluss auf die Wahl 2016 als „Hoax“ und die Behauptung, dass Putin den Invasionsbefehl 2022 nicht gegeben hätte, wenn Trump damals Präsident gewesen wäre. (Warum muss Putin dann jetzt noch Krieg führen?)

Doch auch das Locken mit lukrativen Geschäften genügte nicht, damit sich Trump zu einem Deal nach Putins Vorstellungen oder auch nur zu einzelnen Zugeständnissen hinreißen ließ. Trump wirkt nicht mehr wie der naive Bewunderer autokratischer Herrscher. In seiner zweiten Amtszeit tritt er härter auf, wie in der Innenpolitik, so offenbar auch gegenüber Putin. Wenn Trump, wie im Vorfeld angekündigt, beim Treffen in Anchorage Putins Stimmung erkunden wollte, so hat er nun offenbar verstanden, dass dieser keinen Millimeter von seinen seit 2021 konsistenten Forderungen abweichen will, und zwar als Gesamtpaket und nicht einmal mit einem gesichtswahrenden, begrenzten Waffenstillstand oder auch nur symbolischen Ankündigungen zu Atomwaffenkontrolle und Abrüstung.

Trumps frustrierte Äußerungen über Putins Härte in den vergangenen Wochen sprechen dafür, dass er sich als Businessman herausgefordert sieht und dessen Vorgehen persönlich nimmt. Der US-Präsident hat klar geäußert, dass er dem Töten in der Ukraine und auch der Entführung ukrainischer Kinder nach Russland, wie in Melanias Brief zum Ausdruck gebracht, nicht mehr zusehen will, dass er gegen ein neues Wettrüsten ist und dass er ernsthaft den Friedensnobelpreis anstrebt, wie ihn Obama 2009 erhalten hat. Sein Außenminister Marco Rubio sprach von einer „goldenen Ära der amerikanischen Diplomatie“.

Das könnte die Motivation sein, warum er Putin bei der Pressekonferenz entgegenhielt, dass er sich mit Selenskij und der NATO austauschen werde, dass er am Montag dazu ins Weiße Haus einlädt, ein Dreiertreffen mit Selenskij und Putin schon in einigen Tagen im Gespräch ist, darüber hinaus sogar us-amerikanische Sicherheitsgarantien als Backup für eine europäische Absicherung der Ukraine. Trump scheint sich zu bewegen und die Europäer Merz, Macron, Starmer, Rutte, Meloni bis hin zu Stubb scheinen den richtigen Zugang und den passenden Ton gefunden zu haben, damit er sie als Partner im Ringen mit Putin wahrnimmt. Womöglich hat ihm auch Ex-NATO-Generalsekretär Stoltenberg erklärt, dass die fünf Komiteemitglieder für den Friedensnobelpreis vom norwegischen Parlament ausgewählt werden. Und wenn etwas eindeutig ist, dann die Haltung der Norweger zu Russland.

Ich bin Journalistin mit langjähriger Berufserfahrung und arbeite als Redakteurin im Ressort Investigativ bei tagesschau.de. Mein Fokus liegt auf Außen- und Sicherheitspolitik. Seit mehr als 20 Jahren berichte ich über Entwicklungen in Ländern östlich der EU für Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz – mit einem Schwerpunkt auf den Südkaukasus-Staaten Georgien, Armenien und Aserbaidschan.

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Was vom Konflikt um Bergkarabach zwischen Armenien und Aserbaidschan bleibt. Ost-West Europäische Perspektiven, 1/2024

Mord im Tiergarten: Putins Staatsterror in Europa. Verlag Herder, 2023

RT DE and Other Russian State Media in Germany. Centre for Democratic Integrity · Sep 1, 2022

Die Seuche der Desinformation. Ungewolltes unterdrücken, eigene Narrative und äußere Feinde schaffen, lügen und betrügen: Russische Propaganda arbeitet mit allen Mitteln. Wie wird man ihrer Herr? Internationale Politik, 4/2022

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Wenn Staaten zu Tätern werden. Autoritär geführte Länder verfolgen Opponenten immer häufiger auch über Grenzen hinweg. Der Mord im Berliner Tiergarten ist dafür nur ein Beispiel. Internationale Politik, 1/2022

Alexander Lukaschenko. Diktatur in den Untergang? Blätter für deutsche und internationale Politik, 9/2021

Eine Frage der nationalen Sicherheit. Korrup­tion bedroht nicht nur schwache Staa­ten, sondern auch die Demokratien in Europa und Amerika. Höchste Zeit zu handeln, findet etwa US-Präsident Joe Biden. Internationale Politik, 5/2021

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Drohnen und Diplomatie. Sechs Wochen Krieg um Berg-Karabach haben im Südkaukasus neue Fakten geschaffen. Die Sieger: Ankara und Moskau – ein verheerendes Signal vor der Haustür Europas. Internationale Politik, 1/2021

Combatting and preventing corruption in Armenia, Azerbaijan and Georgia. How anti-corruption measures can promote democracy and the rule of law. Bertelsmann Stiftung, 2020

Belarus: Aufstand gegen den „Batka“. Blätter für deutsche und internationale Politik, 10/2020

Zwischen Aufklärung und Propaganda. Medien im Südkaukasus. Zeitschrift Osteuropa, 7-10/2015

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The Failure of the OSCE Mission to Georgia – What Remains? OSCE Yearbook 2010
IFSH, 2011